Awareness-Konzept

Awareness-Konzept

Werkstatt-Tag der Landeskirche Hannovers am 10. Dezember 2024 im HCC
“Auf dem Weg zu einer machtsensibleren Kirche” – so ist der erste Werkstatt-Tag der Landeskirche Hannovers überschrieben. Die Teilnehmenden sind beruflich Tätige sowie Personen im leitenden Ehrenamt. Sie alle verfügen über ganz unterschiedliche Lebenswirklichkeiten und Erfahrungen, gehen unterschiedlichen Tätigkeiten nach und erleben Macht darin in vielfältiger Weise. Und unter ihnen werden auch Menschen sein, die Machtmissbrauch, die sexualisierte Gewalt selbst erlebt haben. 
 
In diesem Umfeld und vor diesem thematischen Hintergrund soll die Veranstaltung für alle Teilnehmenden ein möglichst sicherer Raum sein. Dieses Awareness-Konzept soll dazu beitragen. 
 
Awareness-Team
Während der Veranstaltung werden Mitglieder des Awareness-Teams an farbigen Buttons an ihrer Kleidung zu erkennen sein. Diese Personen sind ansprechbar, während sie den Button tragen. Da sich das Team über mehrere Schichten über den Tag verteilt, kann es sein, dass dieselbe Person zu einem anderen Zeitpunkt ohne Button zu sehen ist. Sie ist dann nicht mehr im Dienst. Die Kontaktmöglichkeit zum Awareness-Team sind allerdings jederzeit an zentralen Orten der Veranstaltung sichtbar. 
 
Zu dem Awarenessteam gehören Mitarbeitende des Zentrums für Seelsorge und Beratung der Landeskirche sowie darüber hinaus externe geschulte Kräfte vom Team „All around awareness“ aus Hannover. Auf Wunsch vermitteln die anwesenden Mitglieder der Awareness-Teams bzw. der Fachstelle Sexualisierte Gewalt der Landeskirche Hannovers externe Hilfs- und Beratungsstellen.  
 
Das Awareness-Team nimmt alle Anliegen ernst, die an es herangetragen werden. Das Team erarbeitet gemeinsam mit den schutzsuchenden Personen und, wenn möglich bzw. gewünscht, mit der oder den die Situation auslösenden Personen Lösungen, die zur Verbesserung der als ungut empfundenen Situation führen sollen, und versucht sie umzusetzen. Das Team achtet zudem darauf, dass sich entsprechende Situationen nicht wiederholen, indem es darauf hinwirkt, die Umstände, die Bedingungen zu ändern.
 
Das Awareness-Team bietet keine langfristige oder psychologische Betreuung. Es soll kurzfristig und vor Ort parteilich die Lösungssuche unterstützen und eine (ggf. außerkirchliche) Anlaufstelle sein. Zusätzlich zum Awarenessteam steht ein professionelles (kirchliches) SeelsorgeTeam und die landeskirchliche Fachstelle Sexualisierte Gewalt zur Unterstützung zur Verfügung. Allen drei Gruppe ist vorbehalten, Situationen denen sie sich nicht gewachsen fühlen, abzugeben und an andere Gesprächspersonen zu vermitteln. 
 
Safe(r) Space – Ein Ort zum Rückzug
Auf der Konferenz-Ebene sind zwei Räume reserviert und sichtbar gekennzeichnet: Ein Raum dient für vertrauliche Gespräche, ein weiterer als ruhiger/stiller Erholungsraum, an den sich Schutzsuchende zurückziehen können. Sowohl auf der Konferenz-Ebene als auch im Foyer gibt es an mehreren Stellen Möglichkeiten, sich für ein Gespräch im kleineren Kreis zurückzuziehen. Dies gerne auch, wenn Zuspruch oder Hilfe von einem Mitglied des Awareness-Teams gewünscht wird. Die Teammitglieder begleiten Schutzsuchende bei Bedarf auch gerne nach draußen. 
 
Vertraulichkeit
Es ist für Personen, die von grenzüberschreitendem Verhalten betroffen sind, schwer, sich anderen Menschen gegenüber zu öffnen und ihre Erlebnisse zu teilen. Scham ist ein starkes Gefühl, das bei Betroffenen aufkommen kann. Die Mitglieder des Awarenessteams werden vertraulich mit allem umgehen, was ihnen anvertraut wird. Eine Informationsweitergabe erfolgt nur nach ausdrücklichem Einverständnis.
 
Digitale Kommunikation
Wie passen Vertraulichkeit und der Charakter eines Barcamps und der Wunsch nach größtmöglicher Transparenz zusammen? Alle Teilnehmenden sind in diesem Zusammenhang zu hoher Sensibilität und eigenverantwortlichem Handeln aufgerufen. Beiträge auf den von den Teilnehmenden bedienten Social Media-Kanälen sind ausdrücklich erwünscht – solange es sich um deren eigene Beobachtungen oder Ich-Botschaften handelt. Keinesfalls sollten Botschaften anderer transportiert werden, die sich im Vertrauen auf den geschützten Raum offenbart haben. Dies gilt für Wort und Bild. Menschen sollten nicht ungefragt erkennbar abgebildet werden – auch nicht als Großgruppenfoto. Dies ist keine presse-öffentliche Veranstaltung, so dass weiterhin die Bildrechte bei den jeweiligen Menschen liegen. Diese Regelungen werden über Aushänge des Awareness-Konzeptes im Veranstaltungsbereich sichtbar sein und wurden im Vorfeld der Veranstaltung allen angemeldeten Teilnehmenden mitgeteilt. 
 
Wer den Eindruck gewinnt, zum Gegenstand eines Postings einer anderen Person geworden zu sein, kann diese Person gerne direkt ansprechen oder Mitglieder des Awareness-Teams an dieser Stelle um Unterstützung bitten. Wer Unterstützungsbedarf hat, den das Team trotz aller Bemühungen nicht abbilden kann, wählt die auf den Aushängen genannte Telefonnummer (Notfall-Telefonnummer nachtragen). Erreichbar ist dort eine Person, die sich intensiviert um das Anliegen kümmern kann.
 
Kommunikation vor Ort
Dominantes Redeverhalten verhindert, dass andere Personen zu Wort kommen, das Wort ergreifen oder in ihrem Redeverhalten abgewertet werden. Dabei kann zwischen „lauten“ und „leisen“ Praktiken machtvoller Kommunikation unterschieden werden.
  • Laute Praktiken sind gekennzeichnet durch lange Monologe, das Unterbrechen anderer, diskriminierenden Sprachgebrauch, Zwischenkommentare
  • Leisere Praktiken sind Kommunikationsmuster, die Macht absichern. Zum Beispiel durch Belehrungen, wiederholende/erklärende Kommentare zur Stärkung (Uplifting) oder Sichtbarmachung (mansplaining), die Betonung von Titeln oder Positionen, Andeutungen von Machtverhältnissen sowie Insiderkommuniktion.
 
Wer derartiges beobachtet, kann dieses direkt ansprechen (heben Sie im Workshop gerne beide Hände, um sich abseits eine Redeliste zur Geschäftsordnung melden zu können) oder sich Unterstützung durch das Awarenessteam holen.
 
Awareness
Awareness fordert einen achtsamen und sensiblen Umgang miteinander, um allen
Beteiligten ein Wohlgefühl zu ermöglichen. Dies schließt die Anerkennung emotionaler
Erfahrungen und Bedürfnisse von besonders vulnerablen Gruppen ein. Awareness umfasst Prävention sowie konkrete Unterstützungsangebote für Betroffene von Diskriminierung und Gewalt. Ziel sind keine Schuldzuweisungen, sondern Verständnis und Bewusstsein zu schaffen.
 
Awareness ist ein Konzept, das sich gegen jede Form von Diskriminierung, Gewalt und
Grenzverletzung stellt. Während des Werkstatt-Tags werden sexistische, rassistische, homo- und trans*phobe, ableistische, klassistische oder vergleichbare Übergriffe nicht toleriert.
 
Jede Person hat individuelle Bedürfnisse und setzt unterschiedliche Grenzen. Es ist wichtig, dass wir unsere eigenen Bedürfnisse kennen und Grenzen so setzen, wie wir es für uns brauchen. Persönliche Grenzen, egal wo sie liegen, sind immer okay und gut! 
 
Es ist wichtig, dass alle ihre eigenen Bedürfnisse kennen und Grenzen so setzen, wie sie es für sich brauchen. Persönliche Grenzen, egal wo sie liegen, sind immer zu akzeptieren. Alle sind dazu aufgerufen, die eigenen Grenzen wahr- und ernst zu nehmen und zu kommunizieren, wenn es nötig ist.
 
Persönliche Grenzen bedeuten auch, dass ein Verhalten, welches eine Person in Ordnung findet, eine andere Person kränken oder verletzen kann. Die Grenzen anderer Personen sollen respektiert werden. Manche Situationen führen dazu, dass Menschen ihre Grenzen überschritten sehen. Solche Grenzüberschreitungen werden individuell definiert. Die Definitionsmacht, also die Bestimmung, ob es eine Grenzverletzung ist oder nicht, liegt bei der Person, deren Grenzen verletzt wurden.
 
 
Disclaimer: 
Auch das Awareness-Team besteht aus Menschen, die nicht frei sind von eigenen Lebenswirklichkeiten. Fehler geschehen auch hier. Das Team bittet um offenes Feedback, wo Bedürfnisse und Wünsche nicht erfüllt werden konnten.  Entweder direkt vor Ort oder per E-Mail an dialog.landeskirche@evlka.de (diese Adresse erreicht das Vorbereitungsteam des Werkstatt-Tags). 
 
Gemeinsam sind wir auf dem Weg zu einer machtsensibleren Kirche. Leider sind auch wir als Veranstaltende noch lernende Organisation. Das externe Awareness-Team und das interne Seelsorge-Team sind ein Versuch, möglichste gute Unterstützungsstrukturen zu schaffen. Mit Blick auf Awareness-Themen ist niemand von uns perfekt. Es ist uns wichtig, dass sich alle wohlfühlen können, und Menschen, deren Grenzen verletzt werden, Unterstützung erfahren. Dafür bitten wir um Offenheit und Kommunikation – wohlwissend, dass Vorschussvertrauen gerade innerhalb dieses Themas komplex ist.